SAP: Wir haben doch schon geliefert | DSAG-Technologietage 2025 – Recap
Autor: Tobias Harmes | 2. April 2025

Die DSAG-Technologietage 2025 fanden diesmal in Wiesbaden statt. 3200 Teilnehmer tauschten sich über die neuesten Entwicklungen aus und sind laut Publikumsumfrage vor allem auf der Suche nach Inspiration und Trends. Gerade bei den Technologietagen ist die BPM-Rate, die Buzzwords per Minute, auch in den Keynotes wieder sehr hoch.
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Kleiner Hinweis: Die DSAG Technologietage gehen vom 02.04. – 04.04.2025. Ich schreibe in dieser Zeit hier immer mal wieder Updates, wenn ich welche habe. Schreibt bitte in die Kommentare, wenn ich etwas wichtiges übersehen habe.😊
Austeilen mit Poker-Metaphern
In der Keynote zum Start reist DSAG-Technologievorstand Sebastian Westphal mit allerlei Anspielungen an die Welt des Pokerspiels durch die Themen, die gerade SAP Kunden am meisten beschäftigen. SAP verspricht eine hoch integrierte Business Suite in der Cloud, die wenn es danach geht ja eigentlich schon On-Premise funktioniert.
Dabei hat laut Westphal das In-die-Cloud-Verlagerungsprogramm Rise with SAP gerade bei der Integrierbarkeit die größte Hürde. Der Rise-Ansatz sei nicht ausreichend, zum Beispiel sind Service Prozesse noch zu limitiert und wenig für Mittelständler geeignet, die kaum mit „dafür müssen sie ein Ticket aufmachen“ zurechtkommen.
Und die Nutzung der SAP BTP sei schwierig, weil Betrieb und Überwachung der mittlerweile über Jahre immer größere gewordenen Plattform unnötig kompliziert ist. Und bezüglich der relativ jungen Lösung SAP Business Data Cloud besteht Unsicherheit, was konkret diese neue Strategie mit diesem „SAP Business Unleashed“ sein soll.
SAP hat alles schon fertig, es nutzt bloß kaum jemand
Dr. Philipp Herzig, CTO & Chief Al Officer der SAP sagt dazu: Das ist gar keine neue Strategie, diese sei bereits seit zwei Jahre definiert. SAP will hier eben genau die bemängelte Lücke schließen, die Daten leichter zu integrieren. Der in dem Technologiestack eingezeichnete Knowledge Graph auf Basis der SAP Business Data Cloud kann man sich als das neue SAP Data Dictionary vorstellen.
Das Hauptproblem ist seiner Meinung auch gar nicht ein fehlendes Angebot von SAP, sondern die fehlende Adoption durch die Kunden. Als Beispiel nimmt er Cloud Identity, das haben bereits 10.000 Kunden, aber es wird zu wenig genutzt.
Dabei ist gerade diese Service essentiell, wenn es um die spätere Verwendung von SAP Joule über alle SAP Lösungen hinweg geht. Der AI Assistent geht nämlich direkt auf die Bretter, wenn im ERP ein anderer User verwendet wird als im SuccessFactors. Laut Herzig hat SAP bereits 34.000 SAP AI Kunden, auch viele in Deutschland. Das wirklich Potential ausreizen dürfte aktuell noch deutlich weniger.
SAP will eigentlich weniger Daten exponieren, nicht mehr
In einem anschließenden Talk von Westphal auf fehlende API-Funktionen der SAP BTP angesprochen sagt Herzig klar: Eigentlich möchte man in Zukunft eher weniger Daten als mehr exponieren. Die Idee ist, das „SAP managed“ zu machen. Dadurch muss mich als Kunde auch nicht mehr darum kümmern, zum Beispiel wenn es um den Ablauf von Zertifikaten geht. Transparenz schaffen dann Übersichten im SAP Cloud ALM.
Transparenz wird auch beim Thema Abrechnung in der SAP BTP von Westphal gefordert. Auch hier will SAP nachbessern, in dem SAP for Me aufbohrt und entsprechende Metriken vereinfacht werden.
Gemeinsames Dokumentenmanagement noch in 2025
Beim Schmerzpunkt Gemeinsames Dokumentenmanagement will laut Herzig SAP in 2025 eine Lösung ausliefern für S/4 Public und Private Cloud. Kunden haben aktuell wenig Übersicht darüber, wo eigentlich genau eine Datei hingeht, wenn sie in einer Cloud Lösung hochgeladen wird. Und noch schlimmer, wie man Revisionssicher und mit Bezug zu anderen relevanten Belegen zu einer älteren Version dieser Datei zurückkommt. SAP baut das wohl gerade an vielen Stellen ein, hat da aber auch bekannte Ausnahmen, zum Beispiel SAP Signavio.
Joule für Entwickler wird gerade On-Premise benötigt
Eine wie ich fand sehr gute Frage: Warum ist Joule für Developer nur für die S/4HANA Private Cloud vorgesehen? Gerade On-Premise hat ja den größten Transformationsaufwand zu erwarten. Sollte SAP das nicht entsprechend eher unterstützen?
Antwort von SAP: Joule for Developer ist optimiert für ABAP in der Cloud / aka Steampunk. Es kann zwar schon Unittests und ähnliches erzeugen, aber insgesamt prüft man noch, in wie weit man Downports zur Verfügung stellen will. Tenor: Man analysiert die Kosten eines Downports vs. der dadurch geringeren Innovationsgeschwindigkeit in der Cloud.
Bezüglich ABAP Add-Ons bleibt SAP dabei, dass das Zertifizierungsprogramm für ABAP Addons On-Premise eingestellt ist und das bleibt auch so.
Aber SAP sieht auch, dass Partner Addons sind noch nicht so weit bei der Umsetzung des Zielbilds für den Clean Core. Deshalb verlängert SAP die Karenzzeit und die Clean Core Richtlinien werden noch mal relaxt.
Was ist S/4 JAVA?
Beim Dauerstreitpunkt Adobe Document Services geht es in eigentlich keine neue Runde. Laut Herzig bleibt der entsprechende BTP Service für die meisten Kunden die passende Lösung. Für Unternehmen mit hohen Anforderungen an die Verfügbarkeit arbeitet man mit Adobe an der vor einem Jahr angekündigten Lösung via XSA auf HANA. Dort will man Mitte 2026 eine erste Version haben, die dann Anfang 2027 ausgeliefert werden kann.
Das einzig mysteriöse bleibt da für mich, dass Herzig ein S/4 JAVA erwähnt hat, was ohne Druck und erhöhte Wartungskosten bis 2030 verwendet werden kann. Also so dann genügend Zeit gibt, auf die Lösung mit dem XSA umzustellen. Und das würde mit HANA, MaxDB und ASE zusammenarbeiten.
Ich habe S/4 JAVA nicht in der Produkt-Verfügbarkeitsmatrix von SAP (PAM) gefunden und auch niemanden gefunden, der diese Lösung kennt. Falls Herzig damit eine Netweaver 7.5 Installation meint, verstehe ich noch nicht, warum damit jetzt das Wartungsproblem gelöst ist. Wenn ihr es wisst, bitte meldet euch.
Ich gehe jetzt wieder in den nächsten Vortrag.
Update vom Tag 2:
Mein Kollege Alex Wiefel hat freundlicherweise mir das passende Dokument geliefert. In der Featurebeschreibung von S/4HANA 2023 gibt es in Kapitel 2.14 Technology das Kapitel SAP S/4HANA Java. Und hier ist die Rede vom Application Server Java: „SAP S/4HANA Java is used as the runtime platform to support the execution of selected Java components for SAP S/4HANA.” SAP-Tenor: Nehmt doch einfach den, solange ihr auf die XSA-Lösung warten müsst.
Ich habe auch Abends noch einige Gespräche geführt mit anderen Teilnehmern. Hier lose noch einige Themen, die ich interessant fand.
Wieviel Rise-Kunden sind auch auf S/4HANA?
Das Thema Rise wurde grundsätzlich positiv gesehen, allerdings sind Unternehmen im Öffentlichen Bereich frustriert, dass es da aktuell noch nicht so richtig weiter geht (auch wenn Stackit hier ja eine Option aufbaut). Die DSAG-Umfrage hat zuletzt einen entsprechenden Trend hin zu Rise gezeigt. Doch wie viele von den Rise-Kunden haben eigentlich die Option „mein bisheriges ERP erstmal in Walldorf weiterlaufen lassen“ gewählt und sind deshalb nur vertraglich auf S/4HANA Private Cloud?
Mit weniger Berechtigungen spart man unter Umständen nicht
Durch die neuen Verträge rückt natürlich auch das Thema Berechtigungsbasierte Lizensierung in den Mittelpunkt. Und es gibt Überlegungen von Toolherstellern, zum Beispiel Berechtigungen hinsichtlich der Userlizenz zu optimieren. Ein Teilnehmer meinte dazu: Für sie war es besser über die 1000 Full-User-Equivalents (FUE) zu kommen, weil dann bei Rise die dritte Systemstufe mit dabei war. Die Kombination “weniger FUEs, aber mit dritter Stufe” wäre teurer gewesen.
Best Practices für die BTP von der Aareal Bank
Aus einem Vortrag der Aareal bank zu Basis-Betrieb auf der BTP gibt es Erfahrungswerte und Best Practices zum Thema BTP-Strategie und Account-Struktur. Einer der Tipps: Das vorhandene BTP-Logging mittels passender iFlows anreichern, damit man wirklich die notwendigen Daten bekommt. Und für intensive On-Premise API-Kommunikation sich die Edge Integration Cell mit einem ground-to-ground Szenario ansehen. Dann werden Anfragen nicht in die Cloud geblasen, sondern die Verbindung läuft lokal. Das Management muss allerdings weiterhin über die Cloud laufen.
Schon jetzt vermisst: der Solution Manager und das Security Dashboard
Im Arbeitskreis Security & Vulnerability Management wurden die Ergebnisse der DSAG-Umfrage zur SAP-Sicherheit von Ende 2024 vorgestellt. Es haben tendenziell eher große Unternehmen geantwortet, diese haben das Thema Security Monitoring auf jeden Fall auf der Agenda oder schon am Laufen. Ein wenig kurios: Vielen finden es schade, dass der Solution Manger abgekündigt ist. Aber kaum jemand hat laut Umfrage die darauf laufenden Security Services wie Configuration Validation genutzt. Ob der Solution Manager hier wohl in der IT vor allem als Host für 3rd-Party-Software vermisst wird?
Und da ist dann noch das Thema Security Dashboard, was in der Keynote von DSAG-Vorstand Westphal offiziell beerdigt wurde. So einig ist man sich im Arbeitskreis darüber allerdings nicht. Ich bin mal gespannt, ob es nicht nächstes Jahr doch noch mal auf die Agenda kommt.
So, das war es. Wenn ich etwas vergessen habe, gerne hier in die Kommentare werfen. Danke fürs Lesen bis hierhin, wir sehen uns!